Geschichte der Botanik in der Türkei
Anfang des 16. Jahrhunderts begannen mitteleuropäische Wissenschaftler, die Grundlagen der Botanik zu definieren und in die Praxis umzusetzen. Sie gründeten botanische Gärten und Herbarien, um Pflanzen zu studieren, zu definieren und visuell festzuhalten. Diese neue Forschungswelle markierte den Beginn der Geschichte der Botanik und bereitete den Boden für die ersten floristischen Forschungen in der Türkei.
In dieser Pionierzeit unternahmen viele Wissenschaftler lange und abenteuerliche Reisen in ferne Länder. Sie sammelten große Mengen an Exemplaren und veröffentlichten ihre wissenschaftlichen Beobachtungen und Reiseberichte.
Einer dieser Pioniere war der französische Naturforscher Pierre Belon (1517 - 1564). Belon bereiste zur Zeit Süleymans des Prächtigen die osmanischen Länder wie Griechenland, Ägypten, Palästina, Westsyrien, Anatolien und Thrakien und berichtete nicht nur über Städte, Reiserouten, Völker, Sitten und Gebräuche, sondern auch über Flora und Fauna. Sein Reisebericht gilt heute als das erste Werk über die türkische Flora.
Belons Reise folgten andere Wissenschaftler aus Europa: Ogier Ghiselin de Busbecq, Willem Quackelbeen und Hans Dernschwamm ...
O. G. Busbecq war ein belgischer Diplomat, der von Ferdinand I. als Botschafter nach Istanbul geschickt wurde. Neben seiner diplomatischen Tätigkeit interessierte er sich für Antiquitäten und Pflanzen und schickte zahlreiche Exemplare, darunter Tulpen und Flieder, nach Wien. Durch seine Bemühungen wurde die Tulpe in Europa bekannt.
W. Quackelbeen war ein junger Arzt und enger Mitarbeiter von Busbecq. Er teilte Busbecqs Leidenschaft für Pflanzen und begleitete ihn auf seinen Forschungsreisen. So konnte er zahlreiche botanische Exemplare sammeln und dokumentieren. Dem Duo Busbecq / Quackelbeen ist es zu verdanken, dass Pflanzen wie die Tulpe, die Steppenraute, die Rosskastanie, die Platane und viele andere Arten in Europa bekannt wurden und sich schnell verbreiteten.
H. Dernschwam war ein weiterer Forscher, der mit Busbecqs Team unterwegs war. In seinem Reisebericht beschreibt er ausführlich die türkische Flora.
Evliya Çelebi, der berühmteste türkische Reiseschriftsteller, hat in seinen 10-bändigen Reiseberichten “Seyahatname” unter anderem auch ausführlich über die türkische Flora geschrieben. Seine Vorliebe galt den Wäldern und Baumarten. Insbesondere berichtete er über den Weihrauchbaum und die Gewinnung des Weihrauchöls.
Im 18. und 19. Jahrhundert kamen zahlreiche weitere europäische Wissenschaftler in die Türkei, bestimmten Pflanzen, sammelten Belege und trugen mit ihrer Arbeit zur Entwicklung botanischer Gärten und Herbarien in ihren Heimatländern bei;
- George Wheeler (1650-1724); Engländer, Forschungsreisender, interessierte sich für Antiquitäten
- Joseph Pitton De Tournefort (1656-1708); französischer Botaniker und Arzt
- Guillaume Antoine Oliver (1756-1814); Franzose, Naturforscher und Arzt
Schließlich seien noch drei weitere Botaniker genannt, die für die Erforschung der türkischen Flora von entscheidender Bedeutung sind:
- P. H. Davis (1918 - 1992); englischer Botaniker, Universität Edinburgh
Davis besuchte die Türkei zum ersten Mal 1938. Zwischen 1938 und 1966 unternahm er elf Reisen und sammelte enorme Mengen an Pflanzen. Ab 1965 begann er sein zehnbändiges Werk “Flora of Turkey and East Aegean Islands” zu schreiben. Im Jahr 1988 wurde sein Werk mit Hilfe von 117 weiteren Spezialisten fertiggestellt. Prof. Davis widmete sein Werk den Kollegen, die ihm bei seiner Arbeit geholfen hatten.
- A. Hubert-Morath (1901-1990); Schweizer Botaniker
Zwischen 1935 und 1969 besuchte er 16 Mal die Türkei, sammelte Material und übergab seine Sammlung später Prof. Davis. Ihm wurde der 5. Band der “Flora of Turkey and East Aegean Islands” gewidmet.
- E. Boissier (1810-1885); Schweizer Botaniker
Nachdem er 1841 die ihm aus Griechenland zugesandten Exemplare untersucht hatte, begann er, orientalische Pflanzen zu studieren. Er bereiste zahlreiche Länder von Griechenland bis Turkmenistan und veröffentlichte anschließend sein fünfbändiges Werk “Flora Orientalis”. In diesem Gesamtwerk finden sich 4.590 dokumentierte Pflanzenarten, die in der Türkei vorkommen. Damit hatte Boissier bereits im 19. Jahrhundert fast die Hälfte der türkischen Flora bestimmt.
Nazan Öztürk